Santiago de Compostella – Jakobsweg #09
Einmal am Jakobsweg, dann ist es wie ein Sog, der einen nach Santiago zieht.Lies hier mehr…
9. Santiago de Compostella
Ich war von der ersten Sekunde an von dem Sog gepackt. Alle, die man trifft gehen in die gleiche Richtung und haben ein gemeinsames Ziel – Santiago de Compostella zu erreichen! Ich habe nur ein einziges Pärchen getroffen, das den Weg auch wieder zurückgegangen ist. Die meisten sind auch noch darüber hinaus nach Finisterre am Meer gegangen. Das wollte ich nicht. Der Weg nach der Meseta wurde dann tatsächlich wie von dem kanadischen Pilger versprochen, landschaftlich sehr schön. Galizien ist ganz anders als der restliche Weg. Trotzdem war ich froh am Ziel zu sein und wollte wirklich keinen einzigen Meter weiter gehen. Für mich hat es gereicht. Ich bin anschließend mit dem Zug nach Madrid um in den Prado zu gehen und dann noch nach Paris um vom Eifelturm runterzuschauen.
Einige Tage bevor ich Santiago erreichte, habe ich die Italiener Dario und Tommaso wieder getroffen. Es war ein feines Wiedersehen. Leider konnte der Eissalonbesitzer das Tempo nicht mithalten, so ging ich mit Vater und Sohn weiter und wir beschossen zusammenzubleiben. Je näher das Ziel kam, desto mehr Pilger trafen wir am Weg und in den Herbergen, die die Kurzstrecken gingen. Wir waren jetzt schon die „alten Hasen“, sogenannte Profis und fühlten uns dadurch auch sehr verbunden. Der Vater meinte, er möchte die letzte Nacht vor Santiago in einem Quartier nur unweit vom Ziel verbringen, um dann am nächsten Tag schön ausgeruht, geduscht und entspannt anzukommen. Das haben wir dann auch so gemacht und uns auf dem riesigen Unterkunft-Areal Monte de Gozo Centro Europeo Peregrinación einquartiert. Der nächste Morgen war herrlich. Wir wussten, wir müssten nur noch 5 Km gehen. Also nahmen wir uns Zeit zum Ausschlafen, reichlich frühstücken und gingen bei Sonnenschein los. Und viel zu schnell waren wir dann plötzlich da. Ein rascher Gang in die Kirche – es war gerade keine Messe, daher gingen wir zum Seiteneingang, wo man die Figur des Hl. Jakobs anbetet und dann schnurstracks zum nächsten Lokal und bestellten und Prosecco um die Ankunft zu feiern. Etwas Stress kam dann noch auf, als wir uns die Urkunde abholten – dafür musste man den Pass mit den gestempelten Quartieren oder Ortschaften als Beweis vorweisen und dann wurde nach einer gewissen Wartezeit das Zertifikat mit Namen ausgestellt. Auch geschafft – Bürokratie waren wir nicht mehr gewohnt. Inzwischen hat auch schon eine der bekannten Messen mit dem Schwenken des riesigen Weihrauchkessels begonnen und wir hatten in der überfüllten Kathedrale nur noch einen Stehplatz bekommen. Nun zeigte sich die tiefe Gläubigkeit des Vaters, der die ganze Messe über am harten Steinboden andächtig kniete und seine Kappe im Reggie-Farbmuster in beiden Händen hielt. Eine deutsche Touristin hat ihm nach der Messe angesprochen, um ihrer Bewunderung Ausdruck zu verleihen und ihre Freude zu zeigen, dass es noch so tief gläubige Menschen gibt. Ich glaube er hat es nicht verstanden, denn auch Englisch konnte er nicht. Sein Sohn war schon draußen am Platz vor der Kathedrale.
Danach verabschiedeten wir uns schon und so schnell gingen wir wieder unsere eigenen Wege. Ohne viel Tränen. Ich spürte irgendwie Leere. Aber auch Freude auf zu Hause und Zufriedenheit, dass es endlich geschafft war. Ich stieg also in den Zug – mich hätte es keinen Tag länger in diesem Ort gehalten, wo viel zu viele Menschen, Touristen und Pilger aufgeregt herumliefen. Es war abgehackt, meine müden Beine konnten sich jetzt endlich erholen und ich habe durchgehalten. Das Leben nach dem Jakobsweg konnte beginnen.
Warst du auch schon am Jakobsweg? Erzähle deine Erlebnisse!
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