Mein Jakobsweg 2010 – Beiträge gesamt Jakobsweg #12
Mein Jakobsweg 2010
Als Frau alleine unterwegs, erhoffte ich mir perfekte Infrastruktur am Weg, wärmere Temperaturen in Spanien und genussreiche Weinverkostungen in der Rioja-Gegend. Es kam alles ganz anders. Lies hier weiter…
- Start – mein Jakobsweg 2010
Es hat 5 Jahre gedauert, bis ich über meinen Jakobsweg schreiben konnte. Ich habe nach dem Verlust meiner Arbeit in einer Führungsposition und dem Weggang aus dem Unternehmen spontan beschlossen, mich alleine auf den spanischen Jakobsweg zu begeben. Schon am Tag nach meinem letzten Arbeitstag saß ich im Flieger nach Biarritz um von dort nach St. Jaen-Pied-de-Port an der französisch-spanischen Grenze zu fahren und noch am selben Tag zu starten.
30 Tage hat meine Reise gedauert. Rund 800 Km. Sie waren geprägt von endlos langen Schmerzen, dem täglichen Zählen der Km-Distanzen, der Suche nach einem Dach über dem Kopf und einem Essen für den Magen. Und da waren noch die vielen oft sehr kurzen und manchmal auch längeren Begegnungen mit Menschen.
Als ich nach Hause kam, behielt ich diesen Weg in keiner guten Erinnerung. Ich erzählte jedem, dass ich weder tiefere Einsichten gewonnen, noch Spiritualität gespürt, Gott getroffen oder sonst einen höheren Geisteszustand erreicht habe. Meine Erlebnisse lieferten natürlich jede Menge Bonmots, aber ich riet allen ab, sich diese Schmerzen anzutun. Nach dem anfänglichen Interesse an meinem Abenteuer in meinem Freundes- und Bekanntenkreis nahm die Aufmerksamkeit schnell ab und auch bei mir gelangten die Erinnerungen in Vergessenheit. Alle Erinnerungsstücke, der Wanderführer, das Tagebuch, die Aufzeichnungen meiner fast täglichen SMS-Nachrichten habe ich gleich nach der Rückkehr beiseitegelegt und über die Jahre nie wieder angeschaut. Kein Interesse – es war abgehackt, vorbei. Leider nicht so toll gewesen.
5 Jahre hat es gebraucht, dass ich mit Freude und Begeisterung alle Aufzeichnungen herausholen konnte, um diesen Erfahrungsbericht zu schreiben. Mit großem Staunen über meine Aufzeichnungen gebeugt, bin ich geistig die Route nochmals entlang gegangen, habe viele kleine Begebenheiten in Erinnerung gerufen und konnte über mein Erlebtes lächeln.
Ich empfinde das Schreiben über den Jakobsweg als befreiend und es fühlt sich so an, als ob sich ein Kapitel schließt. Wer weiß, vielleicht dauerte der Weg für mich nicht 30 Tage, sondern 5 Jahre und der wahre Weg hat erst mit meiner Rückkehr begonnen.
Ich gebe mit dem Erfahrungsbericht über meinen Jakobsweg keine Antworten auf Lebens-Fragen, liefere keine Rezepte für Glückssuchende und versuche Deutungen und Symbolik von Erlebten für andere Lebenssituationen zu vermeiden. Dies alles können meine Leser selber machen. Noch besser wäre es, den Jakobsweg selbst zu gehen!
Also: ULTREIA! Auf geht´s!
- Zeit und Geld am Jakobsweg
Ich war in der bevorzugten Lage, Zeit und Geld zur Verfügung zu haben. Wer hat das schon? Meist hat man Geld, aber nicht die Zeit für Abenteuer. Und wenn man Zeit hat, dann fehlt oft das nötige Geld. Oder der Mut. Mein Traum war es immer schon, in den Alpen von Hütte zu Hütte zu gehen und das länger als nur für ein verlängertes Wochenende. Als ich mich endlich nach Verlust meines Jobs dazu entschlossen habe, das Unternehmen zu verlassen (man bot mir eine andere Position an, von der sich im Laufe der Zeit herausstellte, dass es diese doch nicht geben werde), gewährte man mir eine „Freistellung“ für 2 Monate, das heißt, ich bekam das Gehalt bezahlt, war versichert und musste nicht am Arbeitsplatz erscheinen.
Ich hatte den immensen Drang, sofort auf Abenteuer zu gehen. Alles hinter mir zu lassen, die sehr aufwühlenden Ereignisse der letzten Wochen und Monate durch eine räumliche Veränderung zu beenden. Es war Oktober und die Hütten in den Bergen hatten da schon lange geschlossen. Bis nächstes Jahr wollte ich nicht warten, also kam der Gedanke an den Jakobsweg sehr schnell. Als Frau alleine unterwegs, erhoffte ich mir eine perfekte Infrastruktur am Weg. Wärmere Temperaturen in Spanien und genussreiche Weinverkostungen in der Rioja-Gegend. Es kam alles ganz anders.
Ist der Weg etwas fürs schmale Börserl? Nun das kann man so einfach nicht beantworten. Wer keine Privatzimmer oder Hotels nimmt (oder nehmen kann – zu der Zeit, als ich ging, waren viele Privatquartiere geschlossen), dem stehen die preiswerten Pilgerquartiere zur Verfügung. Ich bezahlte meist nur rund EUR 6,- bis 10,- für eine Nächtigung. In Estella konnte ich in der Herberge sogar für eine freie Spende übernachten und essen. Auch die Pilgermenüs gab es oftmals um EUR 10,- (3-gängig inkl. Wein). Doch auch das kann für manchen schon zu teuer sein. Ich traf unterwegs auf einen ungarischen Pilger, der von zu Hause losgegangen ist. Er erzählte, er sei Banker gewesen und habe durch die Wirtschaftskrise alles verloren. Seinen Job, sein Haus und seine Freundin. Er habe sich von Ungarn aus auf den Jakobsweg begeben mit Nichts und hat in Frankreich teilweise unter freiem Himmel geschlafen. Bei den Pilgerquartieren fragte er, ob er gratis übernachten könne. Ob ihm dies gelungen ist, habe ich nicht erfahren. Er hat sich jedoch mit einem großgewachsenen deutschen Pilger zusammengetan. Dieser zahlte ihm einmal die Übernachtung in einer Pension in Sahagún, dafür pflegte der Ungar dem Deutschen die mit Blasen übersäten Füße hingebungsvoll. Solch malträtierten Füße habe ich noch nie gesehen. Die beiden gaben ein feines Gespann ab – der schmächtige Ungar, der den im Schneckentempo und mit schmerzverzerrten Gesicht gehenden Deutschen stützte.
Ein Pilger behauptete, dass ihm EUR 300,- in der Nacht im Quartier gestohlen worden seien. Das war in der Pilgerherberge in Estella. Dort gab es einen einzigen Raum mit ein paar Stockbetten und ich konnte nichts Auffälliges bemerken. Aber die Vorsicht hat es mir immer geboten, alle Wertsachen auch bei Nacht bei mir zu haben. Dieser Pilger hatte sein Geld in der Jacke, die an dem Garderobehaken hing. Schade, wenn es tatsächlich gestohlen wurde. Dem Ungarn hätte das nicht passieren können – der hatte rein gar nichts in seinem „Börserl“.
Zwischen Estella und Los Arcos kommt man an dem berühmten Kloster Irache vorbei, das Weinbau betreibt. Hier gibt es an der Klostermauer einen Brunnen, der Wein spendet. Wasser gibt es natürlich auch. In der Inschrift steht geschrieben, dass es Glück bringt, wenn man den Wein trinkt und mit Kraft nach Santiago pilgern möchte. Also kann man hier gratis den Wein verkosten oder sogar die Trinkflasche anfüllen. Für noblere Pilger hat man daneben einen Automaten aufgestellt, aus dem man nach Münzeinwurf ein Glas erhält. Meine Trinkflasche wollte ich nicht anfüllen, dann hätte ich mich gleich im nächsten Ort einquartieren müssen. Und den Kopf unter den Zapfhahn wollte ich auch nicht halten, um zu kosten. Leider hatte ich keine passende Münze dabei, aber das dort gerade anwesende Pilgerpärchen hat mir eine geschenkt, damit ich mit ihnen auf den Wein und den Pilgerweg anstoßen konnte. Die beiden haben sich schon ein Glas aus dem Automaten geholt. Eine schöne Begebenheit – ich habe dieses Pärchen nie wieder gesehen und ich konnte mich nicht revanchieren in einem Lokal, wo man nicht für das Glas sondern für den Wein bezahlt.
Geld und Zeit hatte am Jakobsweg für mich eine andere Bedeutung als im Leben zu Hause. Sehr schnell machten Wochentage oder Wochenendtage keinen Unterschied. Dafür war es sehr wichtig vor 18:00, das heißt vor Einbruch der Dunkelheit, ein Quartier erreicht zu haben. Ich rechnete mehrmals täglich die Kilometerdistanzen in Stunden um und der Trainingseffekt brachte es, dass ich bald täglich mehr als 30km gehen konnte. Grundsätzlich hätte ich mir auch viel länger Zeit nehmen können, da ich ja zeitlich nicht begrenzt war. Aber einerseits war der Weg nicht so genussreich für mich und andererseits wirkte der Weg wie ein Sog – immer schneller ans Ziel nach Santiago. Ein richtiges Phänomen, dem sich fast kein Pilger entziehen kann. Vom ersten Tag an beginnt der Tages-Count-Down hin nach Santiago de Compostella. In diversen Büchern oder Posts im Internet wird auch mächtig geprahlt, in welch kurzer Zeit so manch Pilger die Strecke absolviert habe. Auch unter den Pilgern, die ich getroffen habe wurden die Zeit und Distanzen immer verglichen. Wie ein sportlicher Wettbewerb. Zeit hat also eine besondere Bedeutung am Weg und für die Dauer des Jakobsweges gilt eine eigene Zeitrechnung.
- Als Frau alleine unterwegs am Jakobsweg
Ich hatte nie ein Problem damit, alleine zu reisen oder zu sporteln. Es war mir nie unangenehm und ich hatte auch nie Angst davor, allein zu sein. Manche meiner Freundinnen oder Bekannten können sich das aus verschiedenen Gründen gar nicht vorstellen. Natürlich bevorzuge ich Zweisamkeit statt Einsamkeit, aber manchmal kann man es sich nicht aussuchen. Mein Lebensgefährte hätte sich ein Monat nicht frei nehmen können und er meinte außerdem, dass er sich das nicht antue, ein Monat 800 km zu Fuß in der Ebene zu gehen. Er sei doch eher der Bergsteiger. Zwei Freundinnen kündigten sich an, mich für eine kurze Zeit zu begleiten. Als es aber dann doch sehr rasch zur Umsetzung kam, verliefen sich die Begleitwünsche im Sand. Also machte ich mich alleine auf meinen Weg.
Als Frau sollte man überall achtsam und auf der Hut sein, aber ich hatte nicht den Eindruck, dass ich auf dem Jakobsweg mehr Wachsamkeit hätte walten lassen müssen, als sonst. Ich machte (fast) nie eine schlechte Erfahrung und ich habe auch einige allein gehende Frauen getroffen, die mir ebenfalls von absoluter Problemlosigkeit berichteten. Ich muss auch noch erwähnen, dass ich zu einer Zeit unterwegs war, als sehr wenige Pilger am Weg waren.
Auch diese zwei Geschichten sind glimpflich ausgegangen: kurz vor Estella, als ich durch einen schmalen von Büschen und Gestrüpp eingesäumten Weg ging, sprang plötzlich ein Splitter-Faser-nackter Mann auf den Weg! Er war einzig mit einem Wanderstab in der linken Hand ausgestattet und rief auf italienisch „Scusi, scusi“. Ich bekam einen ziemlichen Schreck, konnte aber ungehindert vorbeilaufen und wurde von ihm nicht verfolgt. Der Flitzer wartete offensichtlich auf sein nächstes Opfer (egal ob Mann oder Frau). Im Pilgerquartier „Albergue San Miguel“ hat der nach mir eingetroffene Pilger aufgebracht von einem Flitzer am Weg berichtet… Diese Geschichte war dann weniger lustig: zwischen Calzadilla de la Cueza und Sahagún traf ich auf einem einsamen Weg auf einen verwahrlost aussehenden Einheimischen, der mich wild gestikulierend ansprach. Ich muss dazu bemerken, dass man vielmals durch Gegenden kommt, in denen weit und breit keine Seele zu sehen ist. Keine Einwohner, keine Bauern, keine Pilger. Auch wenn ich in der Früh oder abends im Quartier andere Pilger getroffen habe, so ist es immer wieder passiert, dass wir uns aus den Augen verloren und viele Stunden alleine gingen. Auch diesmal war es so vor Sahagún, als ich den Mann am Horizont gesehen und auf mich zukommen sah. Auf dem Jakobsweg entwickelt man ein untrügerisches Gefühl, ob etwas in Ordnung ist oder nicht. Von weitem konnte ich erkennen, dass mit diesem Mann nichts in Ordnung war. Er kam sehr schnell auf mich zu, sprach wirr spanisch auf mich ein und deutete mit einem Seil auf meinen Hals. Er machte mit seiner rechten Hand Gesten, als würde er mich erschießen wollen. Ich erinnerte mich sekundenschnell an die Selbstverteidigungs-Einschulung der Sekretärin meines Chefs. Sie war in Kampfsportarten trainiert und als ich mich vor Verlassen des Unternehmens verabschieden kam und von meinem Vorhaben des Jakobsweg erzählte, wollte sie mir unbedingt im Rahmen einer 5-Minuten-Blitzeinschulung die wichtigsten „moves“ im Falle eines Angriffs zeigen. Ein komisches Bild haben wir für dazukommende Kollegen abgegeben – man muss sich vorstellen – in den heiligen Hallen des Vorstandsbüros habe ich die wichtigsten Griffe zur Selbstverteidigung bei unerwarteten Angriffen beigebracht bekommen. Nun der erste Tipp war, zuerst den Rucksack abzulegen. Denn mit dem schweren Ding am Rücken könne man sich weder verteidigen, noch schnell davon laufen. Das habe ich also genau in der Situation getan, als der Mann vor mir stand. Ich stellte den Rucksack auf den Boden und dachte mir, wie blöd, dass der Pfefferspray irgendwo in den Untiefen des Rucksacks liegt. Aber genau in diesem Augenblick drehte sich der Mann um und ging in die Richtung zurück, aus der er gekommen war. Erleichtert ging ich weiter, konnte aber bemerken, dass er immer darauf wartete, dass ich nachkam. Gott sei Dank kam endlich ein Dorf in Sicht. Gleich fühlte ich mich viel besser. Ich konnte zwar sehen, dass sich der Mann hinter dem ersten Haus versteckte und auf mein Kommen wartete, aber eine gerade die Straße überquerende alte Frau sprach mich an und wollte wissen, was los sei. Sie hatte offensichtlich mein verschrecktes Gesicht gesehen. Ich erzählte mein Erlebnis und genau da kam der Mann aus seinem Versteck heraus und ging an uns vorbei. Die Alte meinte, ich brauche mich nicht zu fürchten, denn dieser Mann sei nur der sogenannte „Dorftrottel“. Er sei irre, aber er tue niemanden etwas zu leide. Nun gut, es ist gut ausgegangen.
In den vielen Lokalen oder Bars in denen ich Halt für eine Pause und einen Snack machte, wurde ich nie von den Einheimischen komisch betrachtet. Meistens waren vormittags Männer in den Bars, aber das Bild der alleinreisenden Pilgerin ist dort so gewöhnlich, dass ich nie aufgefallen bin und eine unangenehme Situation entstand. Ganz im Gegenteil bekam ich freundliche Grußworte mit auf den Weg, wie „Buen camino!“
Ein Vorteil des alleine Reisens ist die andere Qualität des Erlebens. Mehr auf sich gestellt zu sein, bedeutet auch aufmerksamer nach außen zu sein. Kontakte entstehen schneller und sind auch intensiver. Es gibt nicht den Schutz der Zweisamkeit, nicht die Sicherheit des auf den anderen vertrauen und verlassen zu können, aber auch nicht die geteilten schönen Augenblicke. Das alleine gehen bringt eine verstärkte Auseinandersetzung mit dem eigenen Ich und die Konzentration auf die eigenen Bedürfnisse. Ich habe mein Tempo gehen können, meine eigenen Routen und Pausen und Quartiere wählen können – ganz ohne Kompromisse.
Ich kann nicht sagen, dass das alleine reisen schöner für mich ist – ich hatte oft Sehnsucht nach meinem Liebsten. Aber es ist anders und es war gut, den Jakobsweg alleine erlebt zu haben.
- Reisen mit leichtem Gepäck am Jakobsweg
Im Rucksack-Packen bin ich schon recht gut gewesen, da ich immer wieder längere Ausflüge in den Bergen unternommen habe. Aber für 1 Monat zu packen war mir neu und das gewünschte Limit von 10 kg war einfach nicht zu schaffen. Das Reduzieren auf das Notwendigste ist mir so unglaublich schwer gefallen, sodass ich mit ca. 14 kg startete. Ein Fehler den ich schon bald korrigieren musste, in dem ich „Ballast abgeworfen“ habe. Die Regenhose, der zweite Wanderführer und ein paar Toilette-Artikel habe ich schweren Herzens schon in Pamplona weggegeben. Dieser Rucksack war einfach zu schwer und schien von Stunde zu Stunde schwerer zu werden. Und so habe ich auch meine Ersatzschuhe, die ich mitführte, in Burgos mit der Post wieder nach Hause geschickt. So hatte ich an „Schuhwerk“ für den Rest des Weges nur die Wanderschuhe und die Flip-Flops. Ich gewöhnte mich recht rasch mit Flip-Flops auch in der Kälte abends ins Gasthaus Essen zu gehen. Geschaut wurde da nicht, an das waren die Einheimischen gewohnt. Aber auch auf die Flip-Flops hätte ich grundsätzlich verzichten können, nur sie waren meine letzte Bastion der „Zivilisation“. Ich hätte ja grundsätzlich auch barfuß in die Duschen der Pilgerquartiere steigen können und es wäre vermutlich nichts passiert. Aber das wollte ich nie, trotz überwiegend sauberer Sanitäranlagen. Interessanterweise dürfte das „Barfuß-Wandern“ bei einer speziellen Pilgergruppe von besonderer Bedeutung sein. Auch ich bin auf ein, zwei Pilger gestoßen, die sich barfuß am Jakobsweg abgequält haben. Deren Füße waren feuerrot, offensichtlich vor Kälte und Schwielen und sie konnten sich nur im Schneckentempo voran bewegen.
Grundsätzlich ist der Jakobsweg ideal fürs Reisen mit „leichtem Gepäck“. In nahezu jedem Pilgerquartier hatte ich die Möglichkeit, Wäsche in Münz-Waschmaschinen mit Trockner zu waschen oder es wurde ein Waschservice um geringes Entgelt angeboten. Also bei der Anzahl der Wäschestücke kann man wirklich sparen. Trotzdem habe ich mir nicht gedacht, wie schwer es ist, einen leichten Rucksack zu machen. Viele kleine Gewohnheiten des Alltags und des Lebensstandards haben sich so tief eingeprägt, dass ich auf vieles nicht verzichten wollte. Auch für jede möglich eintretende Situation oder Katastrophe eine Vorsorge getroffen zu haben, war ich schon allein durch das Bergsteigen gewohnt. Aber jedes zusätzliche Gramm lastete wie Kilos am Rücken und bedeutete bei mir noch mehr Schmerzen. So stand ich vor der Entscheidung: Spartanismus oder Schmerzen. Ich habe mich im Laufe des Jakobswegs für Ersteres entschieden und war erstaunt, mit wie wenig Sachen ich auskommen kann. Nicht gerne, aber doch. „Luxusgegenstände“ wie Sonnencreme oder Haarbalsam oder Reiseführer wurden eliminiert. Ich musste lernen zu Vertrauen, überall für jede Situation benötigte Sachen ausborgen oder kaufen zu können. Oder ganz zu verzichten.
Der „Rucksack“ hat bei den Pilgern auch eine andere Bedeutung. Keiner der Pilger geht ohne Rucksack – ein Rucksack in Form von Sorgen, Sehnsüchten oder Lebensgeschichte. Ich möchte behaupten, dass keiner mit leichtem Gepäck geht. Ob dieser Rucksack im Laufe des Weges leichter wird, weiß ich nicht – meiner auf jeden Fall nicht. Ich war derartig beschäftigt, mit meinen Schmerzen in den Beinen zurecht zu kommen. Diese Schmerzen auszuhalten und im Sog des Jakobsweges weiterzugehen, haben sehr viel Raum eingenommen. Auch im vorgenommenen Tagesziel ein Quartier zu finden und den knurrenden Magen zu füllen, waren meine Sorgen des Tages. Meine Gedanken zu meiner jüngsten Lebensgeschichte waren zwar täglich vorhanden, ich konnte sie aber nicht in eine richtige Ordnung bringen. Ich habe viele Pilger getroffen, die täglich Schmerzmittel einnahmen. Das wollte ich nicht. Die Schmerzen haben mich gleich in den ersten Tagen dazu gezwungen, einige Tage Pause zu machen. Und erst gegen Ende des Pilgerweges konnte ich mehrere Stunden ohne starke Schmerzen gehen. Jedenfalls wird man sich immer auch seines anderen Rucksacks gewahr, denn wann immer man auf einen anderen Pilger trifft, dann wird sehr schnell nach dem Grund des Gehens gefragt. Und da landet man sehr schnell bei der eigenen Lebensgeschichte.
- Die wichtigsten Fragen am Jakobsweg
Erstaunlich schnell kommt man mit anderen Pilgern ins Gespräch. Man bekommt sehr schnell einen Blick dafür, wer Pilger ist und wer nicht. Klar, dass der Rucksack alles aussagt, aber auch in den Städten, wenn der Rucksack im Quartier liegt, erkennt man sofort, wer pilgert. Pilger haben scheinbar eine eigene „Aura“. Ich bin sehr schnell mit anderen Pilgern ins Gespräch gekommen. Sie waren immer offen und wenn jemand einmal weniger Lust auf Gespräche hatte, so war das auch gleich merkbar. Und wenn ich mal für mich sein wollte, dann wurde das immer sofort respektiert, ohne dass ich das in Worten äußern musste.
Interessant war, dass fast immer die gleichen Fragen gestellt wurden, wenn man auf neue Pilger getroffen ist. Woher kommst du? (eine unverfängliche Einstiegsfrage und interessant, welche Nationalitäten am Weg sind). Von wo bist du den Jakobsweg losgestartet? (das ist ein wenig die Frage des Wettbewerbs. Die meiste Bewunderung bekamen natürlich jene Pilger, die von ihrer Heimatstadt losgegangen sind und wurden wie Helden angesehen). Bis wohin gehst du heute noch? (gut zu wissen, ob man sich abends auch noch sieht und wie andere ihre Tageseinheiten vornehmen. Außerdem eine unverfängliche Frage vor DER Frage): Warum gehst du? Die Frage, die direkt ins Eingemachte führt. Sehr schnell und ohne Umwege. Eine Frage, die man am Jakobsweg immer wieder aufs Neue hört. Und wenn man so gemeinsam geht oder beim gemeinsamen Bier oder Essen sitzt und die Gründe für das eigene Pilgern bespricht, dann wird ein eigenes, kleines Universum geschaffen rund um das Warum.
Der eine geht, weil er für seinen verstorbenen Freund die Stätten der Templer aufsuchen möchte, der nächste um seine Frau zurückzugewinnen und wieder ein anderer weil es in seinem festen Glauben an Gott dazu gehört, diesen Weg zu gehen. Ich habe so viele Gründe gehört, die auch manchmal so banal waren, wie von den drei Französinnen, mit denen ich in der ersten Nacht im Zimmer gelegen bin. Sie haben sich als Freundinnen ausgemacht, jedes verlängerte Wochenende eine Etappe des Weges gemeinsam zu gehen. Einfach zum Spaß und zum Freundinnen-Treff. Nach dem gemeinsamen Pilgeressen, das wir mit den Wirtsleuten und einem weiteren Pilger aus Deutschland einnahmen, haben die Frauen lauthals (Rotwein ist viel geflossen) das Kinderlied „Frére Jacques“ zum Besten gegeben – und das am Weg zum heiligen Jakob in Santiago de Compostella.
Frère Jacques, Frère Jacques,
dormez-vous, dormez-vous?
Sonnez les matines, sonnez les matines,
Ding, ding, dong. Ding, ding, dong.
Bruder Jakob, Bruder Jakob,
schläfst du noch, schläfst du noch?
Hörst du nicht die Glocken, hörst du nicht die Glocken?
Ding, dang, dong. Ding, dang, dong.
- Ankommen oder nicht ankommen – am Jakobsweg
Im November hat schon um 18:00 die Dämmerung eingesetzt und es wurde schnell dunkel. Es war jeden Tag die große Herausforderung, ob ich das gesteckte Ziel erreichen würde vor Einbruch der Dunkelheit und dort auch ein Quartier offen habe. Zwischen den einzelnen Dörfern mit ausgewiesenen Quartieren waren oft viele einsame Kilometer gelegen – es war also ein echter Wettlauf gegen die Zeit. Tatsächlich ist es nach dem Marsch über den O Cebreiro bei Schnee und Regen passiert, dass in drei hintereinander liegenden Dörfern die Pilgerquartiere nicht offen hatten. Gott sei Dank habe ich oben am O Cebreiro die zwei Italiener Vater Dario und Sohn Tommaso aus Mailand beim Mittagessen getroffen und wir gingen gemeinsam weiter. In der Dunkelheit war es mir sehr recht, nicht alleine durch die Gegend zu gehen. Wir fragten bei den Einheimischen nach, ob es nicht doch irgendwo eine Übernachtungsmöglichkeit gäbe, aber diese schickten uns immer von einem Dorf zum Nächsten. Wir gingen bis nach Tricastela, wo die Albergue de Tricastela offen hatte und erstaunlich viele Pilger dort waren. Wo die herkamen war uns gänzlich ein Rätsel, da wir kaum jemanden am Weg getroffen hatten.
Das tägliche gut ankommen war wirklich ein Thema für mich – im Sommer hätte man zur Not einfach immer weitergehen können, da es viel später dunkel wird. Oder man hätte bei trockenem Wetter draußen schlafen können. Das war aber bei den Temperaturen im November nicht möglich. So quälte ich mich mit meinen Schmerzen in den Beinen täglich so schnell voran, um ein sicheres Nachtquartier zu haben. Langsamer zu gehen und kürzere Strecken war einfach nicht möglich. Der Sog hat auch mich erfasst und ich wollte weiter, weiter… Oftmals habe ich mich aber gefragt, warum ich mir das antue. Der Weg durch die Meseta hat mir alles abverlangt. Es ist eine Landschaft, die durch das Nichts gekennzeichnet ist. Die Farben sind Varianten von beige, die Landschaft flach mit Blick auf steppenartige Vegetation bis zum Horizont. Keinerlei Reize oder Impulse für die Augen – man ist förmlich zur inneren Einkehr gezwungen. Und das für mehrere Tage. Sogar die wenigen und kleinen Dörfer aus Steinhäusern schienen vom Erdboden verschluckt. Bei Hontanas war das ein besonderes Erlebnis. Hontanas liegt in einer kleinen Senke und für den Pilger bis ganz kurz vor dem Dorf nicht erkennbar. Auf dem Weg gibt es nur den Blick bis zum Horizont und so weit das Auge reicht, kein einziges Dorf. Da Hontanas mein Ziel zur Nächtigung war, dachte ich schon, ich müsste am Feld nächtigen, da in Horizontweite gegen abends kein Dorf sichtbar war. Bis dann endlich doch Hontanas in der Senke auftauchte. Aber davor verzweifelt man schon fast…
„Wer ein Problem mit der Meseta hat, der hat ein Problem mit sich selbst.“ Das sagte mir eine Pilgerin in einem dieser kurzen Gespräche, die man immer wieder führt. Sie war Spanierin, die selbst ein Pilgerquartier am Jakobsweg führte. Im November hatte sie es geschlossen, da zu wenige Pilger kämen und nutzte die Zeit, selbst zu pilgern. Sie meinte damit, dass der Gang durch die Meseta vieles an inneren Problemen hervorbringe und nicht die Leere der Meseta an sich das Problem sei. Ich wechselte mit dieser Weggefährtin vielleicht nur vier, fünf Sätze – aber diese Aussage ist mir bis jetzt in Erinnerung geblieben.
Wie gesagt, die Frage warum ich mir das antue kam immer wieder. Mal stärker, mal schwächer. Besonders auch wegen meiner immensen Schmerzen in den Beinen. In El Burgo Ranero traf ich auf eine ältere Dame aus Kanada, die beschlossen hatte, aufzuhören. Das war am 19. Tag und ich brauchte nicht lange nachzudenken und entschied mich, mit ihr in die nächste Stadt mit dem Zug zu fahren um heimzukehren. Sie erzählte von ihrem Leben als Hausfrau und dass sie nach dem die Kinder das Haus verlassen haben, aus dem Haus eine gut gehende Pension betrieben habe. Nun sei der Mann gestorben, sie habe sich ein neues Knie machen lassen und wollte unbedingt auf dem Jakobsweg gehen. Aber augenscheinlich habe sie dem neuen Knie zu viel zugemutet und wollte ebenfalls wegen der Schmerzen aufhören. Wir fuhren also mit dem Zug nach Leon und quartieren uns in ein Hotel ein und checkten unsere Rückflugmöglichkeiten. Am Nachmittag, als ich alleine durch die Stadt bummelte, traf ich auf einen Pilger – ebenfalls aus Kanada. Wir führten eines dieser Kurzgespräche, in denen man sehr schnell auf das Wesentliche kommt. Ich erzählte von meiner Entscheidung, aufzuhören. Daraufhin meinte er, ich solle das auf keinen Fall machen. Er sei nun schon das dritte mal auf dem Jakobsweg und sagte, dass nun der schönste Teil – nämlich Galizien – käme. Und wenn ich jetzt heim fliege, dann garantiere er mir, dass ich dann das Gefühl bekommen werde, wiederkommen zu müssen um den Weg abzuschließen. Und wenn das so wäre, dann kann ich ihn doch gleich jetzt noch fertig machen. Einleuchtendes Argument dachte ich mir. Wir gingen nach den paar gewechselten Sätzen wieder auseinander und ich habe dann doch den Jakobsweg fortgesetzt. Ich trennte mich von meiner Zimmerkollegin und ging schweren Herzens am nächsten Tag weiter. Ich muss jedoch gestehen, dass ich dafür lange brauchte. Ich ging von einem Kaffeehaus zum nächsten in der Stadt am Weg bis ich endlich nach Stunden den Weg aus der Stadt genommen habe, um wieder meinen Weg aufzunehmen. Wieder riefen mir in gewohnter Weise wie so oft die Einheimischen den Spruch zu: „Buen camino!“ Das erleichterte es ungemein.
- Wanzen und Wölfe am Jakobsweg
Zwei erstaunliche Erkenntnisse habe ich am Jakobsweg gewonnen: Ja, es gibt Wölfe und die interessieren sich auch für Pilger. Und ja, es gibt Bettwanzen – diese traf ich aber im Hotel. Keine einzigen in Pilgerquartieren.
Alles der Reihe nach: Als ich am dritten Tag des Jakobswegs nach Überwindung der Bergpassagen und einem 7,5 Stundenmarsch mit fürchterlichen Schmerzen in den Beinen in Larrasoaina ankam, fand ich weder ein Privatzimmer noch ein Gasthaus, geschweige denn ein Hotel. Es war schon Abend und an ein Weitergehen nicht zu denken. Das einzige Quartier war eine winzige Herberge, die von der Gemeinde betrieben wurde. Da ist den ganzen Tag „open door“ und am Abend kommt dann eine Gemeindebedienstete um das Nächtigungsgeld zu kassieren und einen Stempel in den Pilgerpass zu geben. Das Quartier bestand aus einem Zimmer mit ein paar Stahlrohr-Stockbetten für ca. 14 Personen, einen Vorraum und einem Waschbereich mit 2 Duschen. Alles ziemlich heruntergekommen. Wir waren eine kleine Gemeinschaft von Pilgern, zusammengeschweißt durch die Tatsache, dass es in diesem Dorf zu dieser Jahreszeit rein gar nichts gab. Ein Abendessen wurde mit Müh und Not von einer Dorfbewohnerin organisiert. Es schien, als sei das Dorf gänzlich ausgestorben. Dort lernte ich erstmalig die drei Italiener kennen, die ich später immer wieder traf und mit zwei von ihnen auch in Santiago de Compostella ankam. Es war ein Vater mit seinem Sohn aus Mailand. Vater Dario und Sohn Tommaso. Der Vater hatte gerade verordnete Betriebsferien und der Sohn das Architekturstudium absolviert. Der dritte Italiener – Frederico – kam aus der Gegend um Köln und war Eisgeschäftbesitzer und das Geschäft war natürlich im November schon geschlossen. Er hatte gerade eine Trennung von seiner peruanischen Frau hinter sich und erhoffte sich, durch den Weg seine Frau zurückgewinnen zu können. Auch drei Schweizer waren im Quartier. Ein Pärchen älteren Semesters, die von Zürich losgegangen sind und eine hübsche, junge Schweizerin, die in Bern startete. Die Schweizer waren natürlich schon Vollprofis, da sie so lange unterwegs waren und ein sehr rasches Tempo gehen konnten. Die junge Schweizerin habe ich viel später am 17. Tag in Calzadilla de la Cueza im Pilgerquartier wieder eingeholt, da sie wegen Sehnenscheidenentzündung pausieren musste. Zu dieser Jahreszeit konnte man länger als eine Nacht in einem Quartier bleiben, da nur wenige Pilger unterwegs waren (ansonsten darf man immer nur eine Nacht in einem Pilgerquartier bleiben). Es war dasselbe Quartier, in dem ich das Zweiergespann des mittellosen Ungarn mit dem großen Deutschen mit den vielen Blasen an den Füßen traf. Zurück zu der Schweizerin: sie erklärte in dem kleinen Pilgerquartier in Larrasoaina fast hysterisch, dass sie in diesen Betten nicht übernachten könne und forderte von der Gemeindebediensteten ein frisches Bettzeug. Sie vermutete Bettwanzen und erklärte uns allen wie und wo sie lauerten. Sie zeigte an ihren Armen und am Hals die Bisspuren der Wanzen, die sie bereits hatte. Es waren kleine rote Punkte, die hintereinander wie in einer Gasse gebissen zu sehen waren. Na herrlich – und das schon am dritten Tag. Die Gemeindebedienstete verteilte zwei, drei frische Bettüberzüge – die anderen mussten sich mit dem Gegebenen begnügen. Es blieb uns allen nichts anderes übrig. Die Schweizerin legte sich dann tatsächlich mit ihrem Schlafsack auf den Boden aus Angst vor den Wanzen. Aber wir überstanden alle die Nacht ohne Wanzen und es blieb für mich auch die nächsten Tage wanzenfrei. Bis ich in Logrono in einem Privatquartier (Hostal La Numantina) meine ersten Bissspuren am nächsten Morgen entdeckte. Und dann etwas später in Burgos in dem besten Hotel des Ortes, im Hotel Corona de Castilla. Ich hatte ursprünglich zwei Nächte bleiben wollen und mir den Luxus von einer Badewanne und einem gepflegten Zimmer gönnen wollen, da ich fühlte, dass ich krank werde. Wie zur Strafe, wurde ich mit einer Menge Bettwanzen „belohnt“. Ich entdeckte sie in der Nacht, als ich aufstand und Licht machte um auf die Toilette zu gehen. Ich hatte daraufhin gefühlte 45 min in der heißen Dusche gestanden um mich und mein gesamtes Gewand abzubrühen. Ich hatte die Horrorvorstellung, die Wanzen mit nach Hause einzuschleppen, denn dort bekommt man sie fast nicht mehr los. Ich checkte sofort aus und traute mich nicht eine Beanstandung zu machen, da ich nicht sicher war, ob ich diese Viecher von einem der vorherigen Quartiere eingeschleppt hatte und dann vielleicht noch den Kammerjäger zahlen müsste. Hatte ich sicher nicht, aber in der Situation konnte ich das noch nicht so klar erkennen. Gott sei Dank war das meine letzte Begegnung mit Wanzen. In keinem der Pilgerquartiere hatte ich welche gesehen. Aber ich gebe zu, dass ich mich bei meiner Ankunft zu Hause sofort bis auf die Haut auszog, bevor ich meine Wohnung betreten habe. Meine Sachen habe ich dann entweder im Freien zum „tiefkühlen“ (es war Dezember und hatte schon Minusgrade in Österreich) oder in die Waschmaschine zum auskochen gesteckt. Im Internet kursierten Gerüchte, dass sich Bettwanzen in Koffer, Gewand und auch technischen Geräten verstecken und bis zu 6 Monaten ohne Nahrung auskommen können.
Die Begegnung mit den Wölfen war im Vergleich viel magischer. Zwischen Calzadilla de la Cueza und Sahagun ging ich wieder einmal einen Abschnitt gänzlich alleine. Vor mir keiner, hinter mir keiner und rundherum nur Gegend. Ein Landstrich mit vielen freien Flächen. Man konnte weit sehen. Als ich bei einer Wiese und einem dahinter gelegenen Wäldchen vorbei kam, sah ich plötzlich in knapper Distanz zwei Tiere auf mich zulaufen. Ich identifizierte sie sehr schnell als Wölfe, so schön wie sie waren. Mich hat der erste so eindringlich fixiert und ist so schnell auf mich zugesteuert, dass ich es plötzlich mit der Angst zu tun bekam. Ich begann zu laufen, doch plötzlich merkte ich, dass der Wolf abließ und mit dem zweiten Wolf wieder in den Wald zurück lief. Ich behielt ein schnelles Tempo und im nächsten Ort ging ich sofort in die nächste Bar und bestellte mir ein Bier. Der Wirtin habe ich von meinem Erlebnis erzählt. Sie glaubte mir anfänglich nicht. Auf ihrem Laptop zeigte mir die Wirtin mehrere Fotos von Hunden, Tieren etc. und als ich bei einem Foto sagte, dass die Tiere so ausgesehen haben, dann meinte sie, dann waren es tatsächlich Wölfe. Sie erzählte, dass man wirklich ganz selten auf Wölfe treffe und diese sehr scheu seien. Sie fallen Menschen gewöhnlicherweise nicht an. Eher sei es eine ganz besondere Ehre, wenn man Wölfe treffe, da sie sich nur besondere Menschen aussuchen, denen sie sich zeigen würden. In dem Moment, als der Wolf auf mich zusteuerte, hatte ich aber mehr Schrecken als irgendwelche Glücksgefühle. Die Augen des Wolfs werde ich nie vergessen.
Hunden begegnet man jedoch recht oft am Weg, auch frei herumstreunenden. Aber diese waren niemals aggressiv oder furchteinflößend. Die Hunde, denen ich begegnete, dösten müde vor sich hin oder warten hinter Gitter und schauten mich traurig oder verzweifelt an. Kein Vergleich mit meiner Begegnung mit den Wölfen.
- Wegweiser, Pilger und Quartiere
Verlaufen kann man sich am Jakobsweg kaum. Alle paar Meter sind an allen möglichen Stellen kleine gelbe Pfeile aufgemalen. Am Gesteig, auf der Straße, an Mauern oder Häuserfassaden und Straßenschildern. Und wenn der Weg durch einen größeren Ort oder eine Stadt geht, dann findet man oft in den Pflastersteinen eingelassene Jakobsmuscheln aus Metall oder Stein, die den Weg weisen. Manchmal sieht man auch das Zeichen der Jakobsmuschel als Zaun- oder Fassadendekoration. Langläufig besteht der Glaube, dass Pilger als Erkennungszeichen ihrer Pilgerschaft eine Jakobsmuschel auf ihren Rucksack anbringen. Diesen Mythos muss ich leider zerstören – ich habe vielleicht eine einzige Pilgerin so gesehen und die hat eher wie eine Touristin gewirkt. Zurück zu den Wegweisern: in regelmäßigen Abständen finden sich auch immer wieder Hinweistafeln, wieviele Kilometer noch bis Santiago zu gehen sind. Das sind immer Zahlen, von denen man glaubt, dass sie nie geringer werden. Aber wenigstens kann man sich nicht verlaufen – irgendwann kommt man durch die gute Beschilderung auf jeden Fall ans Ziel. Nur zwei mal ist es mir passiert, dass ich unbeabsichtigt den Pfeilen gefolgt bin, die eine Alternativroute anzeigten. Der Weg wurde dadurch zwar länger, aber ich wurde beide Male belohnt. Einmal mit dem wunderschönen Kloster Samos und ein andermal mit einem märchenhaften Dörfchen in Galizien. Einmal, als ich durch einen kleinen Ort ging und den Weg kurz verlassen habe um mich auf einer Bank auszuruhen, ist mir ein Einheimischer nachgelaufen um mir zu erklären, dass ich falsch gegangen sei und der Weg hier nicht weitergehe! Man stelle sich vor, in den Sommermonaten gehen zig tausend Pilger diesen Weg und die Einheimischen sind nicht entnervt beim 1001. Pilger und laufen einem freundlich nach, um mir zu helfen, nicht vom Weg abzukommen! Was für ein Volk!
In Puente la Reina ist mir der Herbergsbesitzer nachgelaufen, als er sah, dass ich abends an seiner Herberge vorbeiging um mich zu warnen, dass in den nächsten Orten keine Herberge offen habe und es bald schon dunkel werde! Unglaublich hilfsbereit. Aber ich habe an diesen Abend beschlossen lieber in dem reizenden Hotel Rural Bidean in dem berühmten Ort zu bleiben, mit dem Luxus einer Badewanne! Wie Achtsam und zuvorkommend doch diese Menschen sind, obwohl dort der sonstige Ansturm der Pilger sicher auch eine Belastung sein muss. In dem Hotel kann ich mich erinnern, dass noch zwei Pilgerinnen einquartiert waren. Mutter und Tochter, wobei die Tochter die gesamte Dauer des Abendessens lang geweint hat. Soweit ich verstanden habe, war es wegen der Schmerzen in den Beinen. Sie war ein ganz schönes Häufchen Elend und die Mutter hat verzweifelt versucht, die Tochter zum Weitergehen am nächsten Tag zu überreden. Ja, da haben sich Tragödien abgespielt.
Zu der Zeit, zu der ich ging, waren wenige Pilger unterwegs. Das war auch der Grund, warum viele Privatquartiere geschlossen hatten und auch einige Pilgerherbergen. Ich hatte nie ein Problem mit überfüllten Quartieren, sondern ganz im Gegenteil in den großen Schlafsälen konnten wir Pilger uns gut in den verschiedenen Ecken verteilen, sodass etwas Privatsphäre gewahrt werden konnte und das Schnarchen nicht so laut war. Einmal hatten mir die Herren Pilger den Vortritt als einzige Dame in den Duschen gegeben, das war schwer in Ordnung. Aber so gesittetes Verhalten war nur möglich, weil wir so wenige waren. Grundsätzlich bezieht sich die Privatsphäre in Pilgerquartieren nur auf die ca. 3 m3 Luftraum oberhalb des eigenen Stockbettes. Nicht viel für so viele Nächte des Jakobsweges. Ein Privatzimmer oder Hotelzimmer ist da eine herrliche Abwechslung und ein wahrer Luxus. Irgendwie kommt einem alles plötzlich als Luxus vor, was im realen Leben normal scheint.
Surreal mutete die Begegnung mit dem Filmteam an. Täglich werden im Lokalfernsehen Beiträge vom Jakobsweg geschalten, insbesondere auch Interviews von Pilgern. Auch ich bin auf das Team gestoßen. Irgendwo in einem Wald kam ein historisch verkleideter Pilger, ein Kameramann und eine Mikrofonträgerin auf mich zu, um zu erfahren, warum ich am Jakobsweg gehe. Wir haben ein, zweimal geübt, was ich sagen solle und dann wurde gedreht: „el camino es para mi cabeza y corazon – der Weg für Kopf und Herz.“ Ich konnte nicht viel Spanisch. Ob es ausgestrahlt wurde, weiss ich nicht. Jedenfalls wurde der italienische Eissalonbesitzer Frederico auch irgendwann aufgenommen und gesendet – das haben die anderen zwei Italiener gesehen und erzählt. Spanisch zu können ist kein Nachteil am Jakobsweg, aber auch ohne Kenntnisse kommt man sehr gut voran. Ich finde es einfach schöner die Sprache der Menschen zu kennen, in deren Land man reist.
- Santiago de Compostella
Ich war von der ersten Sekunde an von dem Sog gepackt. Alle, die man trifft gehen in die gleiche Richtung und haben ein gemeinsames Ziel – Santiago de Compostella zu erreichen! Ich habe nur ein einziges Pärchen getroffen, das den Weg auch wieder zurückgegangen ist. Die meisten sind auch noch darüber hinaus nach Finisterre am Meer gegangen. Das wollte ich nicht. Der Weg nach der Meseta wurde dann tatsächlich wie von dem kanadischen Pilger versprochen, landschaftlich sehr schön. Galizien ist ganz anders als der restliche Weg. Trotzdem war ich froh am Ziel zu sein und wollte wirklich keinen einzigen Meter weiter gehen. Für mich hat es gereicht. Ich bin anschließend mit dem Zug nach Madrid um in den Prado zu gehen und dann noch nach Paris um vom Eifelturm runterzuschauen.
Einige Tage bevor ich Santiago erreichte, habe ich die Italiener Dario und Tommaso wieder getroffen. Es war ein feines Wiedersehen. Leider konnte der Eissalonbesitzer das Tempo nicht mithalten, so ging ich mit Vater und Sohn weiter und wir beschossen zusammenzubleiben. Je näher das Ziel kam, desto mehr Pilger trafen wir am Weg und in den Herbergen, die die Kurzstrecken gingen. Wir waren jetzt schon die „alten Hasen“, sogenannte Profis und fühlten uns dadurch auch sehr verbunden. Der Vater meinte, er möchte die letzte Nacht vor Santiago in einem Quartier nur unweit vom Ziel verbringen, um dann am nächsten Tag schön ausgeruht, geduscht und entspannt anzukommen. Das haben wir dann auch so gemacht und uns auf dem riesigen Unterkunft-Areal Monte de Gozo Centro Europeo Peregrinación einquartiert. Der nächste Morgen war herrlich. Wir wussten, wir müssten nur noch 5 Km gehen. Also nahmen wir uns Zeit zum Ausschlafen, reichlich frühstücken und gingen bei Sonnenschein los. Und viel zu schnell waren wir dann plötzlich da. Ein rascher Gang in die Kirche – es war gerade keine Messe, daher gingen wir zum Seiteneingang, wo man die Figur des Hl. Jakobs anbetet und dann schnurstracks zum nächsten Lokal und bestellten und Prosecco um die Ankunft zu feiern. Etwas Stress kam dann noch auf, als wir uns die Urkunde abholten – dafür musste man den Pass mit den gestempelten Quartieren oder Ortschaften als Beweis vorweisen und dann wurde nach einer gewissen Wartezeit das Zertifikat mit Namen ausgestellt. Auch geschafft – Bürokratie waren wir nicht mehr gewohnt. Inzwischen hat auch schon eine der bekannten Messen mit dem Schwenken des riesigen Weihrauchkessels begonnen und wir hatten in der überfüllten Kathedrale nur noch einen Stehplatz bekommen. Nun zeigte sich die tiefe Gläubigkeit des Vaters, der die ganze Messe über am harten Steinboden andächtig kniete und seine Kappe im Reggie-Farbmuster in beiden Händen hielt. Eine deutsche Touristin hat ihm nach der Messe angesprochen, um ihrer Bewunderung Ausdruck zu verleihen und ihre Freude zu zeigen, dass es noch so tief gläubige Menschen gibt. Ich glaube er hat es nicht verstanden, denn auch Englisch konnte er nicht. Sein Sohn war schon draußen am Platz vor der Kathedrale.
Danach verabschiedeten wir uns schon und so schnell gingen wir wieder unsere eigenen Wege. Ohne viel Tränen. Ich spürte irgendwie Leere. Aber auch Freude auf zu Hause und Zufriedenheit, dass es endlich geschafft war. Ich stieg also in den Zug – mich hätte es keinen Tag länger in diesem Ort gehalten, wo viel zu viele Menschen, Touristen und Pilger aufgeregt herumliefen. Es war abgehackt, meine müden Beine konnten sich jetzt endlich erholen und ich habe durchgehalten. Das Leben nach dem Jakobsweg konnte beginnen.
- Was bleibt vom Jakobsweg
Wie bei jedem kleinen Abenteuer bleibt die Erinnerung an die vielen, einzelnen Begebenheiten, die man festhalten kann in der persönlichen Schatzkiste. Fotos helfen natürlich die Erinnerungen wach zu halten. Meine Kamera war geborgt von meinem Partner, sie war klein und leicht. Aber nachdem ich sie fast verloren habe, hat sie begonnen ihren Geist aufzugehen, d.h. nur verschwommene Bilder zu machen. Ich habe in Sahagun ursprünglich in der Pilgerherberge übernachten wollen. Diese war im Dachgewölbe einer ehemaligen Kathedrale, die zu einem Veranstaltungsort umfunktioniert wurde. Es war ein riesiger Saal mit unendlich vielen Stockbetten. Als ich ankam, war lediglich ein einziger, hünenhaft aussehender Pilger aus den USA da und ich wollte mir die Nacht alleine mit dem Pilger in dem unbeaufsichtigten Quartier der Gemeinde nicht vorstellen. Also habe ich nach kurzer Zeit meine Sachen wieder gepackt und habe mich auf die Suche nach einem Privatquartier gemacht. Tatsächlich habe ich eines gefunden, in dem ich mich dann mit dem Deutschen und dem Ungarn einquartiert habe, auf die ich ebenfalls suchend gestoßen bin. Durch das „Übersiedeln“ dürfte ich meine Kamera liegen lassen haben – das war meine Vermutung. Also bin ich am nächsten Morgen zurück zum Pilgerquartier und habe dort ca. 3 Stunden gebraucht, bis ich am Ende meine Kamera wieder erhielt. Da wurden 2 Gemeindebedienstete eingeschaltet, die kamen und herumtelefonierten. Schlussendlich bekam ich die Kamera von der Putzfrau, die in der Früh die Reinigung vorgenommen hat, aber schon wieder außer Dienst war. Ich war überglücklich – so viel Einsatz der Beamten war wirklich toll. Aber leider ab diesem Zeitpunkt streikte die Kamera, daher gibt es in meinem Bericht auch verwackelte, verschwommene Bilder.
Was mir noch geblieben ist, ist der Kontakt mit den drei Italienern Frederico, Tommaso und Dario. Wir haben natürlich Email-Adressen ausgetauscht und uns einige Zeit lang geschrieben. Jetzt machen wir das nur noch gelegentlich zu Weihnachten oder Ostern. Voriges Jahr ist Dario nochmals auf dem Weg gegangen und hat mir geschrieben, da er Interessanten gesucht hat, die ihn begleiten wollen. Leider keine Zeit. Wäre interessant, wie anders es dann verlaufen wäre – ich bin mir sicher, sehr anders.
Und dann bleiben noch die regelmäßigen Emails der Jakobsbruderschaft. Für den Erhalt des „Stempelpasses“, der zu einer Nächtigung in den Pilgerquartieren berechtigt, musste ich der Jakobsbruderschaft für zumindest ein Jahr durch Zahlung eines Mitgliedbeitrags beitreten. Obwohl ich nicht mehr Mitglied bin, erhalte ich trotzdem noch die Emails mit Infos, Berichten und persönlichen Erinnerungen von Pilgern.
Wegbeschreibung meines Jakobswegs 2010
- Tag: 30.10.2010 mit dem Flieger nach Lyon. Umsteigen nach Biarritz. Von dort mit dem Taxi nach St.-Jaen-Pied-de-Port. Start auf dem Navarrischen Weg nach Hunto (1,15h, 5km, 310Hm); Übernachtung in Bauernhof Gite d´Etape Ferme Ithurburia.
Tagebucheintrag: Im Zimmer mit 3 Französinnen, die am Abend vorm Haus betrunken und lauthals „Frére Jacques“ singen; gemeinsames Essen mit den Wirtsleut, den Französinnen und einem Deutschen; das erste mal die Frage nach dem Grund des Gehens; Träume von meiner Schwester.
- Tag: Fuente de Rolán, Grenzübergang nach Spanien, Cisa-Pass, Ibaneta-Pass, Roncesvalles, Auritz/Burguete (8h, 22km, 840Hm); Übernachtung in Burguete im Hostal Burguete.
Tagebucheintrag: Berge, Pferde, weiter weiter, Pilger; in Roncesvalles netter, deutscher Einweiser beim Stempeln, schöne Kirche; gehe weiter und bleibe im Hotel, in dem Hemingway schon war; erste Schmerzen, einziger Gast; zum Essen gibts Lachsforelle und die traditionelle Flasche Wein am Tisch.
- Tag: Weiter über Passo Erro nach Larrasoaina (7,5h, 25Km, 170Hm); Übernachtung Pilgerquartier Albergue Larrasoaina.
Tagebucheintrag: N-TV Interview; Regen; einige Pilger wiedererkannt, plaudern, überall Muscheln als Wegweiser; Italiener Frederico kann kaum mehr gehen, meint aber er kann nicht jetzt schon heimfahren, was sagen da die Leute?; Jause im Regen; Gemeindequartier Italiener, Schweizer; 14 Betten, keine Heizung, keine frischen Bettlaken, kein Essen, beim Waschen froh über Flip-Flops; Geschichte der Bettwanzen, die in Gassen beissen; Frühstück schwer zu organisieren, da nichts offen; Schmerzen.
- -7. Tag: nach Pamplona (4h, 15km, 100Hm); 3xÜbernachtung im Hotel Eslava.
Tagebucheintrag: Schmerzen unerträglich; mit Schweizer Henry auf Bier und Kreuzgang besichtigen; Italierner ziehen vorbei. Ich lasse einige Sachen hier um Rucksack zu erleichtern. Beim Weggehen rufen Leute, die zur Arbeit gehen „buen camino“.
- Tag: nach Puente la Reina (7h, 23Km, 300Hm); Hotel Rural Bidean.
Tagebucheintrag: Pause in Schenke mit Babykatze und fescher Chefin, mit der MTB-Pilger flirten; Wirt vom Pilgerquartier läuft mir nach und meint es gibt kein quartier mehr; Hotel und Essen super; Füße haben Ausschlag; Anruf von Möbelverkäufer in Wien, bei dem ich Lampen kaufte, dass Rechnung nicht bezahlt wurde, obwohl ich bar zahlte.
- Tag: nach Estella (6h, 21Km, 140Hm); Pilgerherberge Albuerge San Miguel.
Tagebucheintrag: Flitzer; Quartier mit freiwilliger Spende plus Essen; Gastgeber ist der Pfarrer mit der Pfarrersköchin; Pärchen im Stockbett neben mir mit Liebesanfall; Pilger wird Geld gestohlen; Matratzen haben Plastik-Schonbezug.
- Tag: über Kloster Irache nach Los Arcos (5h, 23 Km, 240Km); Hotel Monaco
Tagebucheintrag: Weinquelle an Klosterwand, Glasautomat; Nebel, Los Arcos heruntergekommen, verlassen.
- Tag: über Torres del Rio nach Logrono (8h, 30Km, 150Hm); Übernachtung Hostal La Numantina
Tagebucheintrag: Verlassen von Navarra und nun in Rioja; Santo Sepulcro in achteckiger romanischer Kirche und Torres del Rio; Badewanne im Quartier; erstmalig Bettwanzen, doch keine 2 Nächte wie geplant.
12.Tag: nach Navarrete (3,5h, 13Km, 110Km); Hotel San Pancho
Tagebucheintrag: In Hotelbarbar alleine, kein einziger Gast, dafür TV und Rioja; Gewitter am Nachmittag, daher gut dass nur kurz gegangen. Keine Pilger.
- Tag: nach Santo Domingo de la Calzada (11h, 38Km, 400Hm); Hotel im Parador Santo Domingo de la Calzada
Tagebucheintrag: Am weg kein Pilger, sehr starker Wind, frage im Cafe nach dem schnellsten Weg in den Ort; Kirche mit Hahn; Essen im Parador skurill; Halsweh.
- Tag: Bus nach Burgos 75Km übersprungen hotel corona de castilla
Tagebucheintrag: Fühle mich total krank, Unwetter zieht auf; warten auf Bus, einchecken ins Hotel beim Busbahnhof, Hotel Corona de Castilla; Wanzen! Checke aus und gehe weite; Pilger barfuß; schöne alte juridische Uni.
- Tag: nach Hontanas (9,5h, 31Km, 150Hm); Übernachtung Pilgerquartier Albergue de Hontanas El Nueva
Tagebucheintrag: Italiener wieder getroffen; einzige Frau, darf als erste duschen; keine Heizung, Miniquartier, trotzdem wunderbar; kleine Bar daneben zum Essen; Ebene hat Dorf verschluckt und da glaubt man, dass das Dorf nie kommt… Meseta.
- Tag: nach Frómista (10h, 34Km, 190Hm); Übernachtung: Albuerge San Martin de Frómista
Tagebucheintrag: Gehe mit Italienern, erzählen alles; Quartier zu, müssen weiter gehen. Nettes Abendessen, vorher gemeinsames warten in der Bar; nette Kirche im Ort.
- Tag: nach Calzadilla de la Cueza (10h, 37Km, 80Hm); Übernachtung: Albuerge Camino Real
Tagebucheintrag: starten gemeinsam, Frederico mit Zigarillo; Tempo unterschiedlich und verlieren uns und sind nicht mehr im gleichen Nachtquartier; dafür dort Schweizerin von Larrasoina (Bettwanzen) uns hat Sehnenscheidenentzündung; treffe dort Ungarn mit Deutschem; Ungar ist pleite und will gratis schlafen; habe erstmalig Blasen.
- Tag: nach Sahagún (5,5h, 22Km, 10Hm); Übernachtung: Hostal la Codorniz
Tagebucheintrag: Wölfe, Verrückter, Herberge in Kirche mit nur 1 Ami und möglicherweise Wanzen, daher ins Hostal mit Ungarn und Deutschen. Ungar ist pleite, Deutscher zahlt, Ungar pflegt die Blasen vom Deutschen und sind komisches Paar.
- Tag: nach El Burgo Ranero (5h, 18Km, 65Hm) Übernachtung Albergue Domenico Laffi
Tagebucheintrag: Beim weggehen Kamera verloren in dem Kathedralenquartier, bekomme sie wieder; Quartier in el Burgo in offenen Dachstuhl; Kanadierin getroffen und beschließen mit Zug weiterzufahren; vermisse meinen Schatz sehr; treffe Pilger der für verstorbenen Freund die Templerstätten sucht.
- Tag: mit Zug nach Leon (38Km übersprungen), Quartier mit Kanadierien geteilt in Hotel
Tagebucheintrag: Leon besichtigen, mit Kanadierin verbracht; Socken geschenkt bekommen in Outdoorshop; Kanadierin bricht ab. Möchte das auch, anderer Kanadier sagt, ich soll weitergehen, da es so schön wird und ich sonst wiederkommen muss; also gehe ich schweren Herzens weiter, muss noch in Cafes vorher; Wirtin aus Domrep sagt ich habe 10 Finger, aus denen ich etwas machen soll.
- Tag: nach Hospital de Óbrigo (11h, 38Km, 60Hm); Übernachtung: Albergue Karl Leisner
Tagebucheintrag: Treffe 2 Italiener wieder da eingeholt, der dritte ist zu langsam; kochen Risotto; sehe Schweizer Henry wieder; Franzosen machen Palatschinken, sind nur zu 6 (2 Franz, 2 Italiener, 1 Spanier und ich, einzige frau); duschen im Freien bei ca. 5 Grad; Telefonat mit Ex-Kollegin.
- Tag: über Crucero de San Toribio und Astorga nach Rabanal del Camino (10h, 38Km, 360Hm) Übernachtung in Refugio Nuestra Senora del Pilar
Tagebucheintrag: Am Weg Gaudi Palast, Kirche, Cafe; treffe Henry; viele Pilger, viele junge Frauen mit Rad; Messe in kleiner Kirche mit einheimischen Frauen und ganz wenigen Pilgern; Priester erteilt Segen an die Pilger; Essen mit Italienern.
- Tag: über Cruz de Ferro nach Ponferrada (10h, 34Km, 340Hm) Albuerge San Nicolás de Flüe
Tagebucheintrag: Stein ablegen, Nebel. Hier endet das Tagebuch, schreibe, dass ich glücklich bin, Schmerzen werden erträglich.
- Tag: über Villafranca nach Trabadelo (9h, 35Km, 40Hm) Übernachtung in Albergue minicipal
Regen.
25.Tag: über O Cebreiro nach Tricastela (12h, 39Km, 1000Hm) Übernachtung Albergue de Tricastela
Rege, Schnee, treffe oben Italiener und gehen gemeinsam runter. Keine Herbergen offen und müssen bis in die Dunkelheit hinein gehen; Zimmer zu Viert mit Asiatinnen, große Pilgerherbergsanlage.
26.Tag: nach Ferreiros (9h, 32Km, 250Hm) Übernachtung in Albergue Ferreiros
Vergehe mich und gehe längeren Weg über Kloster Samos (sehr schön!); Kastanienwälder, Landschaft wie in Irland oder Südsteiermark; 100km Marke erreicht; großer Raum und ganz wenige Pilger, können uns verteilen, einzige Frau; nettes Gasthaus zu Fuss zu erreichen.
27.Tag: nach Palas de Rei (10h, 33Km, 300Hm) Übernachtung Albergue Palas de Rei
Lange Brücke über See; telefonisches Bewerbungsgespräch geführt; Italiener wieder verloren.
- Tag: nach Arzúa (9h, 29Km, 120Hm) Übernachtung: Albergue Arzúa
Italiener wieder getroffen, viele Biere in Cafe; Herberge voll mit unangenehmen Pilgern, lautes Männerschnarchen etc.
- Tag: nach San Marcos Monte de Gozo (9h, 35Km, 70Hm) Übernachtung Centro Europeo Peregrinación
Mit Italienern, großes Riesenquartier, sind zu dritt im Zimmer; Essen in großen Restaurant.
- Tag: Santiago de Compostella erreicht (1h, 5Km)
Drink mit Italienern; Kirche, Messe mit Weihrauchkessel-Schwenken; Zertifikat abholen und verabschieden; mit Zug nach Madrid über Nacht.
- Tag: Madrid angesehen, Prado; mit Nachtzug nach Paris
- Tag: Paris, Eifelturm; Heimflug
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